Die epidemiologische Lage verschlechtert sich seit Ende Februar zusehends. Die Zahl der Infektionen steigt kontinuierlich an. Derzeit ist mit einer Verdoppelung der Ansteckungen alle drei bis vier Wochen zu rechnen. Drei der vier Richtwerte, die der Bundesrat für den zweiten Öffnungsschritt festgelegt hat, werden seit mehreren Tagen nicht erfüllt: Die 14-Tages-Inzidenz ist über 200 pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner angestiegen, die Positivitätsrate liegt über 5 Prozent und die Reproduktionszahl liegt mit 1.14 deutlich über 1. Einzig die Auslastung der Intensivplätze mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten liegt unter dem festgelegten Richtwert.
Verzicht auf weitgehende Öffnungen
Für den Bundesrat lässt derzeit die epidemiologische Lage den in Konsultation geschickten zweiten Öffnungsschritt nicht zu. Auch in sämtlichen Nachbarländern steigen die Zahlen, obwohl dort die Massnahmen zum Teil deutlich strenger sind als in der Schweiz. Es gibt zudem Hinweise, dass die neuen Virusvarianten nicht nur viel ansteckender, sondern auch tödlicher sind. Mittlerweile sind die neuen Varianten für über 80 Prozent der Infektionen verantwortlich. Hinzu kommt, dass auch die Zahl der Impfungen noch zu tief ist, um zu verhindern, dass wieder deutlich mehr Menschen ins Spital eingeliefert werden müssen. Schliesslich hat die Umsetzung der neuen Testoffensive erst gerade begonnen.
Private Treffen: 10 statt 5 Personen ab dem 22.März wieder möglich
Im Hinblick auf Ostern ermöglicht der Bundesrat ab dem 22. März Treffen im Familien- und Freundeskreis in Innenräumen mit maximal zehn anstatt wie bisher fünf Personen. Kinder werden mitgezählt. Es ist jedoch weiterhin grosse Vorsicht geboten und es wird empfohlen, die Treffen auf wenige Haushalte zu beschränken. Zudem soll die Möglichkeit genutzt werden, sich vor privaten Treffen gratis testen zu lassen. Die bestehenden Massnahmen zur Bekämpfung der Epidemie werden verlängert. Ziel ist, die gute Ausgangslage für die Impfkampagne in den nächsten Monaten und für einen nächsten Öffnungsschritt nach Ostern zu erhalten. Am 14. April will der Bundesrat über das weitere Vorgehen entscheiden. Grundlage für den nächsten Öffnungsschritt bietet das Massnahmenpaket, das er letzte Woche in Konsultation gegeben hat.
Konsultation ausgewertet
In der Konsultation hat eine klare Mehrheit der Kantone eine schrittweise Öffnung mit flankierenden Massnahmen begrüsst. In zahlreichen Stellungnahmen werden teils weitergehende, aber auch differenziertere oder anders gestaffelte Öffnungsschritte gefordert. Praktisch alle Vernehmlassungsteilnehmenden forderten etwa eine Lockerung des Präsenzverbots für Hochschulen und Weiterbildungen. Alle unterstützten die Öffnung der Restaurantterrassen per 22. März, die Hälfte der Kantone forderte auch die Öffnung der Innenbereiche, wenn die Lage dies erlaubt. Es wird in der Konsultation aber auch gemahnt, dass die Entwicklung noch etwas abgewartet werden müsse, bevor weitere Öffnungen erfolgen. Der Bundesrat hat diese Stellungnahmen diskutiert, ebenso die Erklärung des Nationalrates, die eine weitergehende Öffnung verlangt.
Richtwerte für erneute Verschärfungen
Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung auch diskutiert, ab wann wieder eine Verschärfung der Massnahmen ins Auge gefasst werden muss, sollte sich die Lage drastisch verschlechtern. Dabei soll berücksichtigt werden, wie viele Menschen bereits geimpft sind. Der Bundesrat schlägt ein Modell mit drei Phasen vor. Solange noch nicht alle Personen aus Risikogruppen geimpft sind (erste Phase) sind strengere Richtwerte nötig. Im Zentrum steht eine 14-Tages-Inzidenz von 350. Weitere Richtwerte betreffen die Auslastung der Intensivplätze mit Covid-19-Patienten, die Hospitalisationen und die Reproduktionszahl. Diese Richtwerte stellen keinen Automatismus dar, sondern dienen als Grundlage für einen allfälligen Entscheid des Bundesrats. Wenn alle Personen aus Risikogruppen geimpft sind (zweite Phase), können weniger strenge Richtwerte akzeptiert werden. Die Entwicklung der Epidemie muss aber unter Kontrolle sein. Wenn alle impfwilligen Personen geimpft sind (dritte Phase), dürften gemäss heutiger Einschätzung keine Schliessungsmassnahmen und auch keine Richtwerte mehr nötig sein. Vorbehalten bleibt die Reaktion auf allfällige neue Virusvarianten.
Anpassung Pauschalen für Covid-19-Impfung
Der Bundesrat hat heute zudem die von den Tarifpartnern ausgehandelten Anpassungen des Tarifvertrags für die Vergütung der Covid-19-Impfung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung genehmigt. Dabei wird neu eine separate Pauschale für Arztpraxen pro Impfung von CHF 24.50 bis Ende Juni und CHF 16.50 ab Juli 2021 vereinbart. Weiter hat er beschlossen, den vom Bund übernommene Betrag für die Vergütung von in Apotheken durchgeführten Impfungen ebenfalls auf CHF 24.50 Franken festzulegen. Die Pauschale für Impfzentren bleibt wie bisher bei CHF 14.50 pro Impfung. Die Impfung gegen COVID-19 wird vollständig übernommen. Es werden keine Franchise und kein Selbstbehalt erhoben.
Bericht der Nationalen Ethikkommission zur Kenntnis genommen
Der Bundesrat hat heute auch den Bericht «Die Massnahmen des Bundesrates im Umgang mit der Sars-CoV-2-Pandemie aus ethischer Sicht» der nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) zur Kenntnis genommen.