Pädokriminelle
Oft wird fälschlicherweise suggeriert, dass die meisten Kindsmissbraucher pädophil sind. Dies ist nicht der Fall. Es gibt viele andere Motive wie perverse Neugierde, persönliche Krisen, Machtausübung mit sexuellen Mitteln oder Sadismus, warum weshalb Menschen (in aller Regel Männer) Kinder missbrauchen.
Pädophilie
Pädophile sind Menschen, die sich sexuell ausschliesslich von Kindern angesprochen fühlen. Pädophilie ist somit eine sexuelle Orientierung bzw. eine psychiatrische Diagnose. Sie hat keine strafrechtlichen Konsequenzen, solange die sexuelle Anziehung nicht ausgelebt wird. Erst wenn es zu sexuellen Handlungen mit einem Kind kommt, machen sich diese Personen strafbar.
Grooming
Grooming bezeichnet die Kontaktaufnahme erwachsener Personen zu Minderjährigen mit dem Zweck, Vertrauen aufzubauen, um einen sexuellen Missbrauch zu begehen, sexuelle Handlungen vorzunehmen oder das Opfer sexuell auszubeuten. Heute findet Grooming meist im Internet statt, sogenanntes Cybergrooming. Das Ziel der Pädosexuellen bleibt dasselbe: Das Kind oder den Jugendlichen/die Jugendliche dazu zu bringen, selber sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen, um sie im Anschluss mit dem intimen Bildmaterial zu erpressen, zu nötigen oder gar zu einem reellen Treffen zu bewegen, um das Opfer sexuell zu missbrauchen.
Grooming passiert oft. Gemäss Aussagen der Strafverfolgung dauert es im Durchschnitt drei Minuten von der ersten Kontaktaufnahme eines Pädosexuellen zu einer minderjährigen Person im Internet bis zum ersten Kommentar mit sexuellem Bezug.
Formen von Grooming
Fündig werden Pädosexuelle auf Online-Plattformen, die von Kindern und Jugendlichen gern und oft genutzt werden, wie Online-Spiele, spezielle Kinderchats oder angesagte Social-Media-Angebote für Jugendliche. Kinder und Jugendliche im Internet werden oft (aber nicht immer!) von Personen kontaktiert, die falsche Angaben über sich machen wie z.B. ebenfalls jugendlich oder eine junge erwachsene Person zu sein. Mit Aufmerksamkeiten soll Vertrauen hergestellt werden. Dies passiert über das Vorgaukeln gemeinsamer Vorlieben und Interessen. Die virtuellen Gespräche bekommen rasch einen sexuellen Charakter. Pädosexuelle verstehen es gekonnt, sich über Komplimente, Verständnis und Einfühlungsvermögen als ideale Gesprächspartner auszugeben. Wenn das Vertrauen aufgebaut ist, kann es zu Erpressungs- resp. Nötigungsversuchen kommen. Dabei benutzen die Täter bereits ausgetauschte, intime Texte, Bilder oder Videos, um das Opfer zu (weiteren) sexuellen Handlungen oder einem sexuellen Missbrauch zu zwingen.
Opfer von Grooming
Pädosexuelle auf der Suche nach Ihren Opfern wollen nicht entdeckt werden. Sie haben ein Sensorium für vernachlässigte Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche, die von der Familie und Freunden zu wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung erhalten, sind besonders gefährdet. Trotzdem kommt es immer wieder auch zu Kontaktaufnahmen mit behüteten Kindern und Jugendliche. Gemäss Dunkelfeldstudien sprechen nur die wenigsten betroffenen und viktimisierten Kinder und Jugendlichen frühzeitig mit ihren Eltern oder anderen erwachsenen Personen über die sexuellen Übergriffe im Internet.
Jugendschutz und Kinderpornografie
Kinder sind eine besonders verletzliche Bevölkerungsgruppe und deswegen von Gesetzes wegen besonders geschützt – auch bezüglich ihrer sexuellen Entwicklung. Kindern unter 16 Jahren darf deshalb keinerlei Pornografie zugänglich gemacht werden. Zudem dürfen Minderjährige nicht für pornografische Produktionen oder zur Prostitution eingesetzt werden. Pornografische Erzeugnisse mit Minderjährigen gelten zudem als Kinderpornografie und sind generell verboten.
Rechtslage
Im Folgenden ist eine Auswahl der wichtigsten Strafgesetzartikel im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen aufgeführt.
Art. 187 StGB: Kindsmissbrauch Wer ein Kind zu sexuellen Handlungen an sich selber verleitet, dabei zuschaut oder das Kind in eine sexuelle Handlung miteinbezieht, macht sich strafbar. Das betrifft sowohl die sexuelle Handlung an Kindern sowie die Nötigung des Kindes, bei sexuellen Handlungen zuzuschauen, auch wenn es dabei zu keinem körperlichen Kontakt zwischen Täter/Täterin und Opfer kommt. In der Schweiz liegt das Schutzalter bei 16 Jahren: Wenn der Altersunterschied bei den Beteiligten an sexuellen Aktivitäten grösser ist als drei Jahre und die jüngere Person jünger als 16 ist, macht sich die ältere Person strafbar. Dabei geht die Definition sexueller Aktivität sehr weit. So kann bereits ein Zungenkuss einen sexuellen Übergriff darstellen, wenn der Altersunterschied grösser ist, als das Gesetz es erlaubt.
Art. 188 StGB: Sexuelle Handlungen mit Abhängigen Wer sexuelle Handlungen mit einer abhängigen, jungen Frau respektive einem abhängigen jungen Mann im Alter zwischen 16 und 18 Jahren vornimmt, macht sich strafbar. Neben dem Alter des Opfers spielt also auch das Abhängigkeitsverhältnis eine Rolle. Diese Abhängigkeit kann sich auf ein Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis beziehen oder sich auch aus sportlichen, kulturellen oder religiösen Aktivitäten ergeben (Trainer, Coach, Leiter etc.).
Art. 189 StGB: Sexuelle Nötigung Wenn ein Täter oder eine Täterin durch Drohung, Gewaltanwendung, indem er sein Opfer psychisch unter Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, ein Kind, eine Frau oder einen Mann zu sexuellen Handlungen gegen deren Willen zwingt, ist dies strafbar.
Art. 190 StGB: Vergewaltigung Damit der Tatbestand der Vergewaltigung nach Art. 190 StGB erfüllt ist, wird unabhängig vom Alter des Opfers eine vaginale Penetration vorausgesetzt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Täter das Opfer bedroht hat, Gewalt angewendet hat, es unter psychischen Druck gesetzt oder zum Widerstand unfähig gemacht hat.
Art. 191 StGB: Schändung Der Unterschied zwischen Schändung und sexueller Nötigung oder Vergewaltigung liegt darin, dass bei der Schändung der Täter/die Täterin ein Opfer missbraucht, das bereits widerstandsunfähig ist. Bei der Schändung nach Art. 191 StGB kann der Grund für die Widerstandsunfähigkeit dauernd (bspw. bei psychisch kranken Personen) oder vorübergehend sein (bspw. bei stark betrunkenen oder bewusstlosen Personen).
Art. 197 Abs. 1 StGB «Jugendschutzartikel» Es ist nicht erlaubt, einer Person unter 16 Jahren Pornografie anzubieten, zu zeigen oder sonst zugänglich zu machen.
Art. 198 StGB: Sexuelle Belästigungen Sexuelle Belästigung richtet sich gegen Personen, welche die vorgenommene sexuelle Handlung nicht erwarten. Die Belästigung kann physisch (ungewolltes Berühren sekundärer Geschlechtsmerkmale) oder verbal (vulgäre resp. unanständige Ausdrücke, Bemerkungen zu Geschlechtsteilen oder zum Sexuallebens des Opfers) sein. Darin eingeschlossen ist auch das Chatten mit sexuellem Inhalt im Internet. Im Gegensatz zu den übrigen Sexualdelikten wird sexuelle Belästigung nur bestraft, wenn das Opfer einen Strafantrag stellt. Es handelt sich also um ein Antragsdelikt.
Art. 22 StGB: Strafbarkeit des Versuchs Die Nötigung eines Kindes zu sexuellen Handlungen ist auch dann strafbar, wenn es beim Versuch geblieben ist. Es reicht, dass die Absicht des Täters/der Täterin nachgewiesen werden kann.
Was tut die Polizei?
Erfährt die Polizei von schweren Formen von sexuellen Übergriffen, so ermittelt sie von Amtes wegen. Weitere Informationen zum Prozess finden Sie auf der Seite “Sexuelle Übergriffe an Erwachsenen“.
Die Regeln, wie Kinder sich schützen können und wie Erwachsene ihre Kinder schützen können, gelten auch für das Verhalten im Internet.
Was kann ich tun?
Bei Verdacht auf Kindsmissbrauch
- Besteht die Gewissheit oder der dringende Verdacht auf sexuelle Missbrauch eines Kindes, auch im Internet, dann erstatten Sie unverzüglich Anzeige bei der Polizei!
- Besteht kein konkreter Tatverdacht, aber eine vage Vermutung, dass im familiären oder sozialen Umfeld des Kindes «etwas» nicht mit rechten Dingen zugehen könnte, so haben Sie die Möglichkeit, sich vorerst an eine Fach- oder Beratungsstelle zu wenden. Die Opferhilfe in Ihrem Kanton kann Sie diesbezüglich informieren.
Kinder schützen
Die beste Prävention ist eine frühzeitige und der jeweiligen Entwicklung angepasste Aufklärung. Das Kind sollte wissen, dass es …
- Menschen gibt, die gleichzeitig «lieb und böse» sein können.
- Menschen gibt, die während des Spielens fliessend zum Missbrauch übergehen.
- das Recht hat, «Nein» zu sagen.
- an einem sexuellen Übergriff niemals schuld ist, denn die Verantwortung liegt immer beim Erwachsenen.
Angst ist ein schlechter Ratgeber und Selbstbewusstsein ist ein wirksamer Schutz vor sexuellen Übergriffen!
- Machen Sie Ihrem Kind bewusst, dass es eine eigene Persönlichkeit ist, mit Grenzen, die es selbst bestimmen darf.
- Sagen Sie Ihrem Kind, dass es nicht feige ist, Angst zu haben, wegzulaufen oder sich Hilfe zu holen. Das Kind soll seinem schlechten/unguten Gefühl vertrauen. Ist dem Kind eine Situation aus irgendwelchen Gründen nicht geheuer, soll es weggehen und vertraute Orte/Menschen aufsuchen.
- Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es Ihnen alle seine Erlebnisse erzählen kann. Auch jene, die ihm merkwürdig oder beängstigend vorkommen oder jene, die zustande kamen, weil das Kind nicht gehorcht hat (z.B. anderer Schulweg). Nehmen Sie sich Zeit, mit Ihrem Kind über seine Erlebnisse und Sorgen zu sprechen.
- Pünktlichkeit ist eine Tugend: Erklären Sie Ihrem Kind, weshalb es wichtig ist, dass es immer den vereinbarten Schulweg geht und möglichst pünktlich zu Hause, in der Schule, im Hort etc. ist.
- Zeigen Sie Interesse und fragen Sie bei Auffälligkeiten nach. Interessieren Sie sich für den Bekannten- und Freundeskreis Ihres Kindes und deren gemeinsame Aktivitäten. Fragen Sie nach, wenn Ihr Kind plötzlich neue Sachen besitzt oder von netten neuen Freunden erzählt, die deutlich älter sind.
Wenn Ihrem Kind etwas passiert ist oder passiert sein könnte
- Falls trotz aller Vorsicht etwas passiert ist oder passiert sein könnte, ist es wichtig, besonnen zu reagieren. Berichtet ein Kind von Beobachtungen, (unangenehmen) Erfahrungen, Übergriffen, Drohungen etc., glauben Sie ihm und hören Sie aufmerksam zu.
- Loben Sie es, weil es sich Ihnen anvertraut hat. Schimpfen Sie nicht, falls das Kind etwas falsch gemacht hat. Es wird sich sonst nicht mehr an Sie wenden.
- Melden Sie diese konkreten Beobachtungen oder Erfahrungen Ihres Kindes der Polizei. Die Polizei ist auf solche Hinweise angewiesen.
- Sollte Ihr Kind nicht zum erwarteten Zeitpunkt heimkehren, erkundigen Sie sich unverzüglich bei seiner Lehrperson, bei Freundinnen oder Freunden. Falls Ihr Kind unauffindbar bleibt, wenden Sie sich sofort über die Notfallnummer 117 an die Polizei. Die Polizei nimmt jede Meldung ernst und geht ihr unverzüglich nach.
Beratungsstellen
- Kinder im Kontext häuslicher Gewalt, Früherkennung von Kindsmisshandlung und sexuelle Gewalt sind die Haupttätigkeitsfelder der Stiftung Kinderschutz Schweiz. Sie finden nützliche Informationen über die rechtlichen Grundlagen und Kampagnen auf deren Webseite.
- Die Beratungsstelle von Pro Juventute: Für Kinder und Jugendliche. Für Erwachsene
- Menschen mit einer pädophilen Neigung, die sich helfen lassen wollen, bevor sie straffällig werden, können sich an die folgenden spezialisierten Institutionen wenden: forio oder Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel.