Der Gemeindeführungsstab Glarus Süd lud die von der Rutschung Wagenrunse direkt betroffene Bevölkerung und Unternehmer am 15. September 2023 zu einem Informationsabend ins Gemeindezentrum Schwanden ein. Es war bereits der dritte Informationsanlass seit dem Schadensereignis. Rund 100 evakuierte Personen und von der Rutschung betroffene Unternehmer wurden durch Gemeindepräsident Hans Rudolf Forrer begrüsst. Er versicherte, dass die Behörden und die GFO alles unternehmen, um die schwierige Situation der Betroffenen weiterhin etwas zu erleichtern.
Komplexe Arbeit der Fachspezialisten Glarus Süd
Ruedi Stüssi von der Naturgefahrenkommission Glarus Süd erläuterte am Informationsabend, wie komplex die Arbeit ist. In 18 Teilprojekten, die in gegenseitiger Abhängigkeit zueinanderstehen, analysieren Fachleute die aktuelle Situation und erarbeiten Zukunftsszenarien. Die Teilprojekte reichen vom Bereich Geologie, über die tägliche Beurteilung der Situation bis hin zur Prüfung baulicher Massnahmen und der Planung der künftigen Sortierung und Entsorgung des mit der Rutschung zu Tal beförderten Materials.
Rückkehr in Teilgebiete der Rutschung zu einem späteren Zeitpunkt denkbar
Die Erkenntnisse aus verschiedenen dieser Teilprojekte sind entscheidend, ob zu einem späteren Zeitpunkt an eine Rückkehr in Teile der von der Rutschung betroffenen Gefahrenbereiche gedacht werden kann. Die Naturgefahrenkommission hat das Gebiet der Rutschung in verschiedene Gefahrenbereiche eingeteilt. Dasjenige im Zentrum der Rutschung wird als Gefahrenbereich Rot, die daran angrenzenden Gebiete werden als Grün bezeichnet. Als Gefahrenbereich Blau wird das ehemalige Elektrolux-Gebäude bezeichnet, das heute von zahlreichen KMU genutzt wird. Zum jetzigen Zeitpunkt gilt eine etappenweise Rückkehr in die Bereiche Grün und Blau als denkbar. Wie diese Rückkehr tatsächlich gestaltet werden kann, ob etwa eine Rückkehr ganz oder nur während des Tages möglich sein wird, lässt sich jedoch noch nicht sagen. Und vor allem: In allen Gefahrenbereichen muss jederzeit wieder mit Evakuationen gerechnet werden. Zur Zukunft derjenigen Menschen, die im Gefahrenbreich Rot wohnten, konnte Ruedi Stüssi noch keine Aussage machen.
Rutschungsgebiet neu durch Videos überwacht
Die aktuelle Situation im Gebiet der Rutschung Wagenrunse ist weiterhin unverändert. Hanspeter Speich, Stabschef der GFO Glarus Süd, konnte deshalb in Aussicht stellen, dass die zeitlich begrenzten Teilzugänge sowie das kontrollierte Arbeiten im ehemaligen Elektrolux-Gebäude bis auf weiteres fortgeführt werden können. Das Gelände wird seit Donnerstag, 14. September 2023, mit Videokameras überwacht. Die Zugangskontrolle während der Zeitfenster wird zudem neu durch eine private Sicherheitsfirma wahrgenommen. Der Zivilschutz konnte deshalb abgezogen werden.
Neues App erleichtert die Information für Betroffene
Am Abend präsentierte Mauro Calcanile, selbst betroffener Unternehmer, die neue HelpApp «Wagenrunse». Mit dieser App kommen Betroffene künftig viel leichter zu aktuellen Informationen und zu Hintergrundwissen rund um die Rutschung Wagenrunse. Die innovative App stiess bei den Anwesenden auf grosses Interesse. Die meisten scannten bereits den QR-Code der Testversion ein. In wenigen Tagen wird die App in den Appstores offiziell erhältlich sein.
Sozialberatung nur noch mit Terminvereinbarung
Die Sozialberatung für die Opfer des Erdrutsches steht den betroffenen in schwierigen Situationen zu Verfügung. Sie vermittelt Wohnungen und hilft bei finanziellen Notlagen. Die Sozialberatung wurde in der Vergangenheit intensiv genutzt. In den letzten Tagen sind die Anfragen deutlich zurückgegangen. Deshalb informierte Gemeinderat Stephan Muggli über eine wichtige Anpassung: Die Sozialberatung bietet ab Montag, 18. September 2023 ihre Dienste nur noch auf telefonische Terminvereinbarung an. Allerdings versichern die Mitarbeitenden der Sozialberatung, dass Termine auch bei Voranmeldung kurzfristig wahrgenommen werden können.
Versicherungen vor anspruchsvollen Situationen
Hansueli Leisinger, CEO der GlarnerSach, zeigte auf, was die Betroffenen in Bezug auf die Gebäudeversicherung und in Bezug auf ihre Hausratversicherungen unternehmen müssen, falls sie dies nicht schon getan haben. Die verschiedenen Versicherungen haben je einen Ansprechpartner oder eine Ansprechtpartnerin definiert, der sich speziell mit den Schäden aus der Folge der Rutschung befasst. Die Betroffenen sollten unbedingt möglichst bald mit dieser Person in Kontakt treten. Auf der Seite www.glarnersach.ch sind zudem Antworten auf zahlreiche Versicherungsfragen aufgeschaltet. In Bezug auf die Ermittlung der Schäden an den einzelnen Liegenschaften stecken die Versicherungen und namentlich die Gebäudeversicherung GlarnerSach derzeit in einer sehr herausfordernden Situation. Solange keine verbindliche Gefahrenkarte besteht, können entsprechende Ermittlungen nicht getätigt werden. Hansueli Leisinger appellierte deshalb an den Kanton Glarus, diese Gefahrenkarte möglichst zeitnah zu erstellen.
Spendenkommission gebildet
Die Solidarität der Bevölkerung mit den Opfern der Rutschung Wagenrunse ist erheblich. Bereits kamen über CHF 85'000 zusammen. Wer spenden will, kann dies per TWINT oder Einzahlung (Kontodaten auf www.glarus-sued.ch) tun. Damit die Spenden einwandfrei verteilt und nach klaren Kriterien eingesetzt werden können, hat die Gemeinde Glarus Süd eine Spendenkommission gebildet, wie Gemeinderat Stefan Maduz ausführte. Diese wird präsidiert von alt Ständeratspräsident Fritz Schiesser. Die Spendenkommission nimmt in diesen Tagen ihre Arbeit auf.
Viele Fragen – grosse Ungewissheit
Im Anschluss an den Informationsblock stellten die Anwesenden ihre Fragen. Dabei wurde deutlich, wie gross die Ungewissheit für viele der Betroffenen ist und wie schwer dieser Schicksalsschlag auf ihnen lastet. Vor allem schwierig ist es für die Leute, deren Wohnung oder Liegenschaft im zentralen Gefahrenbereich Rot liegt. Sie wissen nicht, ob irgendwann mindestens ein Teilzugang zu ihren Häusern möglich sein wird. Diesbezüglich konnte die GFO leider keine Aussage machen, da die Situation derzeit noch viel zu gefährlich ist.
Quelle der Meldung: glarus-sued.ch