Die aufzeichneten Daten zeigen, dass dieses insbesondere während des Lockdowns vielerorts stark abgenommen hat. Das grösste Erdbeben sowie die meisten verspürten Beben ereigneten sich im Zusammenhang mit einer Erdbebensequenz bei Elm (GL), die sowohl im Frühling als auch im Herbst besonders aktiv war. Am 26. Mai 2020 erschütterte ein erstes stärkeres Beben der Magnitude 3.1 das Glarnerland. Darauf folgten dutzende kleinere Nachbeben.
Am 25. Oktober ereignete sich im gleichen Bruchsystem mit einer Magnitude von 4.3 das grösste Beben des Jahres, das vereinzelt bis ins Tessin und an den Bodensee verspürt wurde. Nennenswerte Schäden wurden keine verzeichnet. Ihm folgten erneut über 250, teils ebenfalls weiträumig wahrnehmbare Nachbeben mit Magnituden von bis zu 3.9. Insgesamt haben sich mehr als 350 Erdbeben im Rahmen dieser Sequenz ereignet. Sie trägt massgeblich dazu bei, dass sich im Jahr 2020 überdurchschnittlich viele Beben ereignet haben.
Während die Elm-Sequenz vor allem die Deutschschweiz bewegt hat, sorgte am 23. Juni ein Beben mit einer Magnitude von 3.8 bei Vallorcine (F) für viele Verspürtmeldungen aus der Westschweiz. Die Tessiner Bevölkerung verspürte vor allem ein Beben bei Milano (I) mit einer Magnitude von 3.9 sowie eines bei Bellinzona (TI) mit einer Magnitude von 2.9. Mit einer Magnitude von 3.5 trat am 9. November ein weiteres stärkeres Beben südlich von Arolla (VS) im schweizerisch-italienischen Grenzgebiet auf.
Dass grössere Beben über weite Distanzen von Menschen wahrgenommen werden können, zeigt das Beben in Kroatien mit einer Magnitude von 6.3, welches in der Epizentralregion schwere Schäden verursachte. In der Schweiz, ungefähr 600 Kilometer vom Epizentrum entfernt, haben über dreissig Personen die Erschütterungen bemerkt und gemeldet. Die meisten von ihnen haben sich zur Zeit des Bebens in den obersten Stockwerken von höheren Gebäuden aufgehalten. Von einem so weit entfernten Beben treffen in der Schweiz vorwiegend die langperiodischen Wellen ein, die vor allem hohe Gebäude ins Schwanken bringen können.
Wenn die mehr als 200 seismischen Stationen in der Schweiz nicht gerade die Wellen eines Erdbebens aufzeichnen, messen sie das sogenannte Hintergrundrauschen. Neben natürlichen Vibrationen, ausgelöst durch Stürme oder die Bewegungen des Meeres, wird dieses Rauschen vor allem durch menschliche Aktivitäten wie den Verkehr beeinflusst. Dabei lassen sich mit Seismometern nur generelle Bewegungsmuster erkennen und nicht, wie sich beispielsweise einzelne Personen oder Fahrzeuge bewegen. Der Lockdown im März sowie weitere Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus führten zu einer markanten Abnahme dieses Hintergrundrauschens. Diese Ruheperiode ist die längste, die jemals aufgezeichnet wurde. Ähnliche Ruhephasen sind ansonsten nur an den Wochenenden oder über die Festtage zu beobachten.
Schaut man sich die Entwicklung (siehe Artikelbild) des täglichen Hintergrundrauschens an vier verschiedenen Standorten an, zeigt sich bei allen ein klarer Rückgang infolge des Lockdowns am 16. März 2020. Mit Ende der ausserordentlichen Lage Mitte Juni steigt das Hintergrundrauschen wieder an. Das von den Seismometern aufgezeichnete Hintergrundrauschen ist an jeder Station einzigartig und hängt beispielsweise davon ab, wie weit gewisse Lärmquellen entfernt sind. Nimmt man das Beispiel der kleinen Schanze in Bern oder des Kasernenareals in Zürich sieht man zwar ebenfalls den Rückgang infolge des Lockdowns, er ist aber weniger ausgeprägt als an anderen Standorten. Das hängt damit zusammen, dass beide Standorte im Vergleich zu anderen weiter weg von vielbefahrenen Strassen liegen. Die kleineren, wiederkehrenden Schwankungen, die an allen Standorten zu erkennen sind, widerspiegeln die Wochentage und Wochenenden. Also auch während des Lockdowns war das Hintergrundrauschen am Wochenende nochmals geringer als von Montag bis Freitag.
Heute vor 75 Jahren – das letzte grosse Schweizer Beben Es war bereits dunkel, als am 25. Januar 1946 ein heftiges Erdbeben mit einer Magnitude von 5.8 das Wallis erschütterte. Vier Menschen kamen ums Leben, zahlreiche wurden verletzt und 3'500 Gebäude teils schwer beschädigt. Bis das ganze Ausmass deutlich wurde, dauerte es eine Weile. Das hatte nicht nur mit der Zeit des Bebens zu tun, sondern auch mit dem Umfang der Schäden und den damaligen Auswertungsmöglichkeiten der seismischen Daten. Das Beben verursachte nicht nur Gebäudeschäden, die vielfach erst im Tageslicht deutlich hervortraten, es löste auch Lawinen und Felsstürze aus. Zudem mussten die Daten der wenigen Seismographen in der Schweiz erst von Hand abgelesen und ausgewertet werden. Ähnlich aufwendig war das Sammeln von Verspürt- und Schadensmeldungen, denen aufgrund der wenigen instrumentellen Aufzeichnungen ein wichtigerer Stellenwert zukam. Es handelt sich um das grösste Schweizer Beben der vergangen 150 Jahre und um das bisher letzte, das Todesopfer forderte.
Könnte sich erneut ein solches Beben ereignen und was wären die Folgen heute? Erfahren Sie mehr: www.seismo.ethz.ch/home/#news