Am 16. Juni 2023 hat das Parlament die Revision des Sexualstrafrechts verabschiedet. Die Referendumsfrist ist am 5. Oktober 2023 unbenutzt abgelaufen. Im Zentrum der Gesetzesänderung steht die Ausdehnung der geltenden Tatbestände der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung. Gemäss geltendem Recht liegt eine Vergewaltigung oder eine sexuelle Nötigung erst dann vor, wenn das Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt wird, das heisst, wenn der Täter es bedroht oder Gewalt ausübt. Künftig ist diese Voraussetzung nicht mehr notwendig.
Nein heisst Nein
Eine Vergewaltigung oder ein sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung liegt neu bereits dann vor, wenn das Opfer dem Täter durch Worte oder Gesten zeigt, dass es mit der sexuellen Handlung nicht einverstanden ist, und dieser sich vorsätzlich über den geäusserten Willen des Opfers hinwegsetzt. Damit wird die sogenannte Ablehnungslösung ("Nein-heisst-Nein"-Lösung) umgesetzt. Als Zeichen der Ablehnung wird neben Worten oder Gesten auch der Schockzustand des Opfers, das sogenannte Freezing, gewertet. Erstarrt das Opfer vor Furcht und kann es sich deshalb nicht ablehnend äussern oder zur Wehr setzen, wird der Täter in Zukunft ebenfalls wegen Vergewaltigung oder sexuellem Übergriff und sexueller Nötigung bestraft, wenn er diesen Schockzustand erkannt hat.
Überdies umfasst der Tatbestand der Vergewaltigung künftig nicht mehr nur den Beischlaf, sondern auch beischlafsähnliche Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, und damit deutlich mehr sexuelle Handlungen als heute. Der Tatbestand der Vergewaltigung wird schliesslich neu geschlechtsneutral formuliert, so dass künftig Personen jeglichen Geschlechts Opfer einer Vergewaltigung sein können.
Im neuen Sexualstrafrecht soll auch das sogenannte Stealthing bestraft werden. Stealthing liegt vor, wenn die sexuelle Handlung zwar einvernehmlich ist, eine Person aber heimlich und ohne vorgängiges Einverständnis der anderen Person das Kondom abstreift oder von Anfang an keines benutzt.
Rückfälle verhindern - Opfer schützen
Opfer müssen durch das Sexualstrafrecht geschützt, Täterinnen und Täter angemessen bestraft werden können. Der Prävention kommt dabei eine grosse Bedeutung zu. Bereits heute ist es den zuständigen Behörden bei gewissen Delikten deshalb möglich, die Täterin oder den Täter zum Besuch von Lernprogrammen zu verpflichten. Dieses Präventionselement wird im neuen Sexualstrafrecht erweitert: Neu kann auch eine der sexuellen Belästigung beschuldigte Person zum Besuch eines Lernprogramms verpflichtet werden.
Quelle der Nachricht: Der Bundesrat