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Drohungen nicht unterschätzen! Sofort richtig handeln

Handeln Sie im Falle einer Drohung richtig!
Handeln Sie im Falle einer Drohung richtig! (Bildquelle: Schweizer Polizeikops/SKP)

Drohungen gehören im Strafrecht zur Deliktgruppe der «Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit» und nicht – wie viele vielleicht vermuten würden – zu den strafbaren «Handlungen gegen Leib und Leben». Strafrechtlich gesehen, ist eine Aussage oder Handlung dann eine Drohung, wenn der Adressat oder die Adressatin damit in Angst und Schrecken versetzt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob mit Gewalt, mit dem Tode oder mit einer für die betroffene Person erschreckenden Nachricht gedroht wurde. Die Idee hinter der Strafbarkeit liegt darin, dass die Handlungsfreiheit der betroffenen Person mit der Drohung eingeschränkt wird.

Neben der Tatsache, dass eine Drohung an sich schon strafbar ist, stellt sich bei Drohungen immer auch die Frage, ob die angedrohten Handlungen ausgeführt werden. Für die Prävention heisst dies, dass nicht nur präventiv gegen Drohungen an sich vorgegangen werden sollte, sondern auch die Einschätzung der Drohungen zur präventiven Arbeit gehört.

Definition und Rechtslage

Der Begriff Drohung hat in der Alltagssprache eine etwas andere Bedeutung als im Recht. In der Alltagssprache wird «drohen» oft synonym zu den Begriffen «mahnen, verwarnen oder warnen» verwendet. Die rechtliche Definition muss präziser sein und wird in Art. 180 StGB folgendermassen formuliert: «Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Die Rechtslage stellt klar, dass nur «schwere Drohungen» unter Strafe gestellt werden können. Dies meint, dass dem Opfer mit einem schweren Nachteil gedroht wird und die bedrohte Person die Drohung insofern auch glauben muss, als dass sie wirklich in Angst und Schrecken versetzt wird. Ob die drohende Person die Drohung ernst meint oder nicht, ist für die Strafbarkeit nicht von Belang. Drohungen sind Antragsdelikte. Das bedeutet, dass eine betroffene Person einen Strafantrag stellen muss, damit die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden.

Anders sieht es aus, wenn Drohungen im Kontext von häuslicher Gewalt stattfinden. Gemäss Art. 180 StGB wird «der Täter von Amtes wegen verfolgt, wenn er: a) der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde, abis) die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Opfers ist und die Drohung während der eingetragenen Partnerschaft oder bis zu einem Jahr nach deren Auflösung begangen wurde; oder b) der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.»

Erwähnenswert ist des Weiteren, dass Drohungen auf unterschiedliche Arten formuliert werden können (Bild, Schrift, Schüsse in die Luft, etc.) und bei der rechtlichen Würdigung immer auch der Gesamtkontext berücksichtigt wird. Zudem sind, wie alle Straftatbestände, Drohungen auch strafbar, wenn sie mittels digitaler Medien verbreitet wurden.

Wann und warum zur Polizei?

Im Alltag werden von Gross und Klein wohl regelmässig Drohungen ausgesprochen. Man stelle sich nur den Alltag mit Kindern vor: Von Seiten der Eltern, aber auch unter Kindern werden regelmässig Drohungen ausgesprochen. Natürlich werden diese «Alltagsdrohungen» in aller Regel nicht bei der Polizei angezeigt. Dies auch, weil Menschen üblicherweise durch solche «Alltagsdrohungen» nicht in Angst und Schrecken versetzt werden, aber auch, weil der angedrohte Nachteil (wie z.B. keinen Nachtisch zu bekommen, wenn man den Tisch nicht abräumt) nicht sehr schwer wiegt.

Im Umkehrschluss sollten bedrohte Menschen den Gang zur Polizei nicht scheuen, wenn sie die Drohung ernst nehmen, Angst bekommen und das angedrohte Übel schwer wiegt. Der ultimative Nachteil wird durch Todesdrohungen angekündigt, und diese sollten – werden sie ernst genommen – auch in jedem Fall angezeigt werden. Eine perfide Form stellen anonyme Drohungen dar. Die betroffenen Personen können die Ernsthaftigkeit nicht einordnen, da sie den Absender nicht kennen, was zusätzliche Ängste auslösen kann.

Echte oder leere Drohungen?

Ob eine Drohung ernst gemeint war, spielt für die Strafbarkeit gemäss Art. 180 StGB keine Rolle. Wichtig ist nur die Wirkung der Drohung auf die bedrohte Person. Bezüglich der Einschätzung, ob eine Drohung ein Warnzeichen für Gewalthandlungen darstellt, ist diese Frage aber zentral. Leider gibt es aber keine einfachen Formeln oder Checklisten, die eine solche Einschätzung leisten können. Ob eine Drohung ein ernst zu nehmendes Warnsignal für Gewalthandlungen darstellt, kann nicht isoliert beantwortet werden, sondern soll und muss immer im Kontext und unter Berücksichtigung der individuellen Merkmale der drohenden Person und seiner Lebenssituation erfolgen.

Was tut die Polizei?

In einigen Polizeikorps resp. in einigen Kantonen wurde bereits ein so genanntes (kantonales) Bedrohungsmanagement eingeführt. Ein Bedrohungsmanagement dient der Erkennung, Einschätzung und Entschärfung von Bedrohungslagen und Gefährdungssituationen. Damit dieses Erkennen, Einschätzen und Entschärfen gelingt, ist eine systematische, überinstitutionelle und professionelle Zusammenarbeit notwendig. Nur so können die Informationen, die das Erkennen, Einschätzen und Entschärfen von Bedrohungen ermöglichen, zusammengetragen und richtig eingeordnet werden. Die Polizei spielt in diesen Netzwerken immer eine zentrale Rolle, arbeitet aber idealerweise immer interdisziplinär. Eine wichtige Aufgabe dabei ist es unter anderem, Drohungen hinsichtlich ihrer Ernsthaftigkeit einzuschätzen. Dazu braucht es Fachwissen, geeignete Instrumente und sicher auch Erfahrungswerte.